Wir melden uns zurück mit einem Buchtipp zum Wochenende!
Hallo alle zusammen, der eine oder andere von euch erinnert sich vielleicht noch an den Lesungstermin von Ursula Wolter?
Hier erfahrt ihr endlich mehr über ihren Roman "Wohin die Wolken ziehen" und natürlich auch über die Autorin, die unsere Rezensentin Lettery für euch interviewt hat.
„Wohin die Wolken ziehen“, Ursula Wolter, Droemer-Knaur
Rezension
In einer berührenden Geschichte erzählt die Autorin von der seelischen Annäherung zweier Menschen in völlig unterschiedlichen Lebenskontexten.
Als die junge Sprechstundengehilfin Anna während einer beruflich organisierten Feier mit dem siebzigjährigen krebskranken Konrad Bremer ins Gespräch kommt, scheint bereits eine geistige Verbindung hergestellt zu sein. Ohne groß zu fragen, handelt Konrad intuitiv richtig und hält seine Hand schützend über das Mädchen. Annas Umgang mit Konrad ist ebenfalls von emphatischer Anteilnahme gekennzeichnet. In einer stetig wachsenden Freundschaft begleiten die beiden einander durch fröhliche Stunden und Zeiten der Verzweiflung, wobei jeder im positiven Sinn vom anderen lernt und profitiert.
Ursula Wolter ist in diesem Buch etwas ganz Besonderes gelungen.
Die rein platonische Liebe zwischen jungem Ding und altem Mann erhält in diesem Roman eine neue Dimension. Ganz ohne Pathos und Klischee kommt die Schilderung aus, die den Leser einen sehr realistischen Lebensweg miterleben lässt, wobei es auf keiner Seite an Spannung fehlt. Diese Spannung wird ganz natürlich getragen durch die Wahl der Endlichkeitsthematik, die jedoch zur Sinnfindung gerät. Durch ihren angenehm schnörkellosen Erzählstil, der unaufdringliche Spuren weiser Werthaltung hinterlässt, wird es für den Leser immer vorstellbarer, welche Kräfte durch Krisen mobilisiert werden können und wo das eigentliche Glück des Lebens verborgen liegen kann.
Eine absolute Leseempfehlung mit 5 Sternen!
Lettery
Interview
Liebe Ursula Wolter,
mit großem Interesse habe ich Ihren Roman gelesen, der den sehr offen gehaltenen Titel „Wohin die Wolken ziehen“ trägt. Ich hatte keine Ahnung, welche Geschichte mich darin erwarten würde. Umso berührter war ich durch die Lektüre, umso stetiger wuchs meine Neugierde, etwas über die Autorin zu erfahren.
• Mit diesem Buch haben Sie bereits ihr drittes Belletristik-Werk veröffentlicht. Es handelt von der wachsenden Freundschaft zu einem unheilbar kranken Menschen. Gibt es diesbezüglich autobiografische Grundlagen in ihrem Leben?
Nein – jedenfalls nichts, was ich 1:1 aus meinem Leben in den Roman übertragen hätte. Meine beiden Hauptpersonen und ihre Geschichte sind ausgedacht. Allerdings spielt mein eigener Lebenshintergrund ganz bestimmt eine Rolle; anders geht es ja gar nicht. Ich glaube, man kann nicht authentisch über etwas schreiben, was man nicht zumindest ansatzweise selbst erlebt, erdacht oder erfühlt hat.
• Auf Ihrer Website kann man Eckdaten Ihrer Vita nachlesen. Hat ihre Ausbildung zur Sterbebegleiterin den Wunsch in ihnen geweckt, darüber Wissen, beziehungsweise Wünsche in die Welt zu tragen? Vielleicht in Form dieses Romans?
Es war genau umgekehrt: Ich habe erst den Roman geschrieben – und dann bin ich über eine Anzeige im Deutschen Ärzteblatt für die Weiterbildung zur Palliativmedizin gestolpert. Da dachte ich: Genau das will ich machen. Später war ich ganz stolz, dass ich das Manuskript nicht umschreiben musste …
• Vor ihrer Autorentätigkeit sind/waren Sie Ärztin, Stillberaterin und Sterbebegleiterin zugleich.
Nein, gleichzeitig war das alles nicht, und die Zusatzbezeichnung „Palliativmedizin“ habe ich ja sowieso erst später gemacht.
Bevor ich angefangen habe zu schreiben, war ich als Assistenzärztin in der Inneren Medizin und in der Chirurgie tätig. Dann kamen die Kinder – und meine Ausbildung und Tätigkeit als Stillberaterin. Später habe ich wieder angefangen, als Ärztin zu arbeiten – erst in einer allgemeinmedizinischen Praxis, dann in einem psychiatrischen Krankenhaus. Danach konnte ich die Facharztprüfung für Allgemeinmedizin machen. In der Zeit, in der ich dafür gelernt habe – im Frühjahr 2005 – habe ich angefangen, mein erstes Buch zu schreiben. Nach bestandener Prüfung habe ich vertretungsweise in einer allgemein¬medizinischen Praxis gearbeitet. In der Palliativmedizin war ich nach der Ausbildung gar nicht mehr tätig – da hatten sich die Weichen schon Richtung Schreiben gestellt. Ich hatte zunächst gedacht, dass vielleicht beides ginge – aber das ist unmöglich: Ich kann nicht in zwei Bereichen arbeiten, bei denen man mit ganzem Herzen und vollem Einsatz dabeisein muss. Und Familie habe ich ja auch noch. So habe ich mich fürs Schreiben entschieden und gegen eine ärztliche Tätigkeit.
Mit der Stillberatung betreuten sie kleine Menschen ins Leben hinein, als Ärztin sorgten Sie für die Gesunderhaltung und in der Sterbebegleitung sind Sie Partner auf dem Weg aus dem irdischen Leben. Was ist Ihre treibende Kraft, sich derart umfänglich für Menschen in Situationen mit Signalcharakter einzusetzen?
Mir ist bis jetzt gar nicht bewusst gewesen, dass ich das überhaupt getan habe … Ich bezweifele auch, dass es da für mich eine alles umfassende treibende Kraft gab. Vielleicht habe ich einfach immer das gemacht, was in einer bestimmten Lebensphase für mich selbst wichtig war.
Der Berufswunsch „Ärztin“ entsprang dem Ideal, nicht nur irgendeinen Job zu machen, sondern eine verantwortungsvolle Aufgabe zu finden und dabei „etwas mit Menschen“ oder besser gesagt für Menschen zu machen. Der Arztberuf war für mich der Inbegriff für diese Ziele. Leider habe ich das nicht genug hinterfragt. Heute finde ich, dass man in vielen Berufen und Bereichen seine ganz eigene Aufgabe finden kann.
Die Ausbildung zur Stillberaterin ergab sich wieder aus einer neuen Lebenssituation: Ich hatte zwei kleine Kinder und habe mein Leben „auf Familie eingestellt“. Die Ausbildung habe ich erstens deshalb gemacht, weil ich die Ziele der La Leche Liga gut fand und selbst sehr von der Stillberatung profitiert habe – und zweitens, weil mir zeitweilig schlicht die Decke auf den Kopf gefallen ist. Ich habe das Herauskommen aus meinen vier Wänden genossen und das Stillwissen geradezu aufgesogen.
Zur Palliativmedizin bin ich durch das Schreiben gekommen und natürlich auch dadurch, dass ich in der allgemeinmedizinischen Praxis oft schwer kranke Menschen betreut haben. Verantwortungsvolles Arztsein bedeutet doch immer, sich mit den Menschen auseinanderzusetzen, die man begleitet. Dazu gehört eben auch die Auseinandersetzung mit schwerer Krankheit, Sterben und Tod. Insofern ist Palliativmedizin eigentlich auch gar keine für sich stehende Fachdisziplin, sondern eine fächerübergreifende Tätigkeit.
Wenn ich nun doch eine „treibende Kraft“ benennen sollte, würde ich sagen: Es war die Suche nach Aufgaben, die zu mir passen und mich betreffen und bei denen ich auch etwas an andere weitergeben kann.
• Welchen Stellenwert hatten Bücher in Ihrem eigenen Leben, welches Genre bevorzugten Sie ganz persönlich?
Bücher hatten für mich immer einen wichtigen Stellenwert. Als Kind habe ich jede Woche Stapel aus der Bücherei abgeschleppt und kreuz und quer alles gelesen, was mir in die Hände kam.
Ich bin überzeugt, dass ich von Büchern beeinflusst worden bin – leider nicht nur positiv, wenn ich an die „Pucki“-Bände meiner Mutter denke. Da habe ich ein ganz altertümliches Rollenbild von Männern und Frauen mitgenommen. Immerhin hat es mich aber schon als Kind geärgert, dass in vielen Büchern nur Männer und Jungs spannende Abenteuer erleben durften, während die Mädchen und Frauen dazu da waren, von ihnen gerettet zu werden. Unter anderem deshalb hat mein erstes Buch eine weibliche Hauptperson, die ganz viele Abenteuer besteht.
Heute lese ich weniger als als Kind, aber dafür gezielter und kritischer. Ihre Frage nach meinem bevorzugten Genre finde ich am schwierigsten zu beantworten. Vielleicht kann ich es so sagen: Ich lese gern Entwicklungsromane oder ganz allgemein Bücher, in denen sich die Hauptpersonen mit Problemen ihrer Zeit und Gesellschaft bzw. eigenen Lebensproblemen auseinandersetzen. Abenteuergeschichten und Fantasy lese ich auch gern, aber nur, wenn es dabei um mehr geht als um Action.
Was ich nicht mag: Thriller, Mystery und Esoterik. Darum mache ich einen großen Bogen. Krimis lese ich auch kaum, weil ich hinterher oft das Gefühl habe, damit meine Zeit verschwendet zu haben. Mit historischen (Frauen-)Romanen geht es mir ähnlich. Aber vielleicht habe ich bisher auch nur die falschen Bücher dieses Genres erwischt.
• Gibt es weitere Buchprojekte und zu welchen Gelegenheiten entstehen diese Ideen in ihrem Kopf?
Ich wäre froh, wenn ich das wüsste. Augenblicklich habe ich mehrere grobe Ideen – aber keine davon fesselt mich so sehr, dass ich mich wirklich hinsetze und schreibe. Bisher gibt es dazu nur einige Überlegungen und Stichpunkte – aber leider fehlt mir die echte Begeisterung.
Meinen drei Büchern ist gemeinsam, dass mein Ausgangspunkt jeweils Personen waren, deren Charakter und (erdachtes) Leben mich gefesselt haben. Insbesondere hat mich dabei die Frage nach persönlicher Veränderung und Weiterentwicklung bewegt. Die Geschichte drumherum hat sich dann fast wie von selbst entwickelt. Wie das genau funktioniert, ist schwer zu sagen. Es ist so ein Gemisch aus Intuition und rationaler Überlegung. Wie gesagt wäre ich froh, wenn ich eine neue Idee aus dem Ärmel schütteln könnte …
• Sie sind eine vielseitig interessierte und beschäftigte Frau, wie man ihrer Homepage www.ursulawolter.de entnehmen kann. Halten Sie sich bestimmte Zeiten des Tages oder der Woche frei, um zu schreiben?
Meine schriftstellerische Arbeitszeit sind die Vormittage, wenn die Kinder in der Schule sind. In dieser Zeit mache ich alles, was im weitesten Sinn mit dem Schreiben zu tun hat, also auch z.B. das Organisieren von vorbereiten von Lesungen, Knüpfen von Kontakten, Beantworten von Interviewfragen … Ich habe aber keine festgesetzte Zeit, in der ich so und so lange an einem Buch oder einer Geschichte arbeite. Manche Autoren machen das so – und ich bewundere sie für ihren Einfallsreichtum und ihre Disziplin. Ich habe das auch versucht, aber bei mir kommt irgendwie nichts Gutes dabei heraus.
• Ihren Erzählstil kennzeichnet die authentische Vermittelung von Gefühlen. Fällt es Ihnen leicht, diese Empfindungen beim Schreiben zu unterbrechen, um sie dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzunehmen?
Wenn ich richtig am Schreiben bin, dann ärgere ich mich über jede Unterbrechung. Ich kann nur schwer vom Schreiben abschalten und mache in Gedanken ständig weiter – was mein Familienleben phasenweise ziemlich strapaziert hat. Ich bin auf diese Weise einmal von Salzgitter nach Goslar gefahren, obwohl ich eigentlich auf halber Strecke eine Freundin besuchen wollte, und habe ein andermal einen Apfelkuchen drei Stunden lang gebacken, bis mir plötzlich so ein verbrannter Geruch in die Nase stieg.
Das Wiederaufnehmen des Fadens war dementsprechend nie ein Problem. Vermutlich habe ich ihn während meiner intensiven Schreibphasen nie richtig abgelegt.
• Sie haben zwei Jugendromane geschrieben, die märchenhafte Geschichten aus der Drachenstadt erzählen. Wie kamen sie zu dieser Thematik?
Meine Kinder haben mich darauf gebracht. Sie hatten damals ein Lieblingsspiel: „Drache schlüpft aus dem Ei“. Ich sollte immer mitspielen und so tun, als ob ich ein Ei finde – und dann musste ich das Ei „ausbrüten“ und ganz erstaunt tun, wenn meine Tochter oder mein Sohn „ausschlüpften“: „Oh, wie niiiiiiiedlich! Wer bist du denn?! Ein kleiner Drache!“ Irgendwann hatte ich das so satt, dass ich gesagt habe: „Ich spiele jetzt nur noch mit, wenn ich auch mal was Besonderes sein darf. Ich bin jetzt ein Drachenmädchen, das aus einem Findelei geschlüpft ist.“ Damit hatte ich, ohne es zu ahnen, die Hauptperson meines ersten Buches erfunden, nämlich das Drachenmädchen Timona. Meine Kinder und ich haben höchstens eine Viertelstunde lang gespielt, dass ich das Drachenmädchen wäre – aber in meinem Kopf ging die Geschichte weiter: Timona ist auf der Suche nach ihren Eltern. Was erlebt sie auf ihrem weiten Weg vom Witterwald in die Drachenstadt? Was findet sie über ihre Herkunft und über sich selbst heraus? Wie verändert sie sich? Die Geschichte hat sich verselbständigt, und irgendwann habe ich begonnen, sie aufzuschreiben.
Ich glaube, Timona durfte damals, als ich für die Facharztprüfung gelernt habe und mich dabei einerseits in einer beruflichen Orientierungsphase und andererseits auch wie in einer Sackgasse fühlte, die Abenteuer erleben, die ich mir selbst gerade nicht leisten konnte. Es war daher vielleicht auch eine Flucht in eine literarische Welt, in der man sein Ziel und seine Aufgaben noch finden kann, indem man sich einfach auf den Weg macht und losgeht, unbefangen und frei. Das ist aber meine nachträgliche Deutung. Und nebenbei bemerkt ist Timonas Welt bei aller Fantasie eine sehr realistische und der unseren nicht unähnlich.
• Lesen Ihre beiden Kinder Ihre Bücher? Wie reagierten sie darauf?
Meine Tochter Christina hat die Entstehung von Timona kapitelweise mitverfolgt und war mir eine wichtige Kritikerin. Sie hat viele Bilder gemalt und einige Pflanzen und Tiere aus Timonas Welt erfunden, die ich zum Teil aufgenommen habe. Mein Sohn Matthias war damals noch zu jung für das Buch, aber er hat viel durch unsere Gespräche mitbekommen. Er hat den Dunkelwolf erfunden, dem Timona auf ihrem Weg begegnet. Als „Timona“ veröffentlicht war, hat Christina es gleich noch einmal gelesen. Mein Mann hat es Matthias vorgelesen.
Als ich intensiv am Schreiben war, hatte ich immer Angst, die Kinder zu vernachlässigen. Ich glaube aber, dass es ihnen nicht geschadet hat und dass sie jetzt auch stolz darauf sind, eine Mutter zu haben, die „echte Bücher“ schreibt.
• Ein Held der Drachenbücher ist weiblich, einer männlich, hat das zufällig etwas mit den Geschlechtern ihrer beiden Kinder zu tun, sozusagen im Sinne der Gleichberechtigung?
Mir ist das seltsamerweise erst im Nachhinein aufgefallen! Timona „musste“ weiblich sein, weil ich gern vermitteln wollte, dass auch Mädchen Abenteuer erleben und bestehen können. Der Drache Meris ist wiederum aus dem Timona-Buch „entsprungen“. Timona lernt ihn kennen, und zu diesem Zweck habe ich ihm – zunächst nur für mich selbst – eine Lebensgeschichte gegeben. Diese wiederum hat mich so gefesselt, dass er schließlich ein eigenes Buch brauchte. Es ist also eher Zufall, dass das zweite Buch eine männliche Hauptperson bekommen hat. Aber nun finde ich es auch deshalb gut, weil ich gern auch Jungs als Leser ansprechen möchte.
• Die Suche nach einem Verlag gestaltet sich ja oftmals wesentlich schwieriger, als das Verfassen eines Buches selbst. Wie lange dauerte Ihr Weg, einen Verleger zu finden für Ihr erstes Werk?
Ich habe sieben Monate lang einen Verlag gesucht. Mir erschien diese Zeitspanne irrsinnig lang – obwohl ich schon damals wusste, wie schwierig es ist und dass viele Manuskripte nach jahrelanger vergeblicher Verlagssuche in der Schublade landen.
An den Georg Olms Verlag bin ich gekommen, nachdem ich von einem Freund erfahren hatte, dass es dort eine neue Kinderbuchreihe geben sollte. Ich habe das Manuskript vorbeigebracht – und hatte das große Glück, dass die Lektorin, die es in die Hände bekam, von Timonas Geschichte begeistert war. Als „Timona“ gut lief, hat sich mein Verleger entschlossen, „Meris“ auch noch zu nehmen. An den Verlag für „Wohin die Wolken ziehen“ (Drömer-Knaur) bin ich über eine Literaturagentur gekommen.
• Sie haben belletristische Werke geschrieben sowohl für Jugendliche, als auch für Erwachsene. Zeichnet sich mittlerweile eine gewisse Vorliebe für eine Zielgruppe ab?
Ich mache beides gern. Innerhalb der Kinder- und Jugendliteratur wird meine bevorzugte Zielgruppe wahrscheinlich am ehesten wieder die Gruppe der etwa Zehn- bis Dreizehnjährigen sein. In diesem Alter können Kinder einerseits schon viel verstehen und sind offen und begeisterungsfähig für alle möglichen „Lebensthemen“, und andererseits sind sie aber noch nicht so von der Pubertät zerfetzt, dass sie überkritisch alles ablehnen, was von Erwachsenen kommt.
Die Lesungen und dabei insbesondere das Gespräch mit den Kindern empfinde ich als sehr bereichernd. Schon allein deshalb würde ich gern noch weitere Bücher für diese Altersgruppe schreiben. Außerdem kann man solche Bücher auch als Familienbücher gut gemeinsam lesen. Die Erwachsenen nehmen dabei ganz sicher andere Gedanken und Ideen mit als die Kinder – aber alles haben etwas davon. Lesungen, in denen Kinder und Erwachsene gemeinsam sitzen, mache ich besonders gern.
• Gibt es bestimmte Themen, die Ihnen am Herzen liegen, die Sie gerne noch in Worte und Geschichten einbetten möchten, jedoch noch ohne eine konkrete Vorstellung von einem Plot zu haben?
Ja. Da gibt es viel – und deshalb hoffe ich, dass ich eines Tages wieder richtig schreiben werde. Im Grunde sind es meine eigenen Lebensthemen, aus denen ich gern Geschichten und Bücher machen würde: Gedanken, Erfahrungen, die mir selbst wichtig geworden sind. Zum einen geht es da um „Selbstfindung“, Veränderung, Weiterentwicklung … aber nicht im stillen Kämmerlein, sondern durch Begegnungen mit anderen Menschen, Freundschaften, Aneinander-Reiben, Sich-Auseinandersetzen. Das ist natürlich als Thema ziemlich unkonkret – aber ich denke, dass es wiederum in viele Bereiche hineinspielt. Konkretere Themen sind Gott und Glaube, ökologische Themen, die Frage, wie man in unserer globalisierten und komplizierten Welt verantwortungsvoll leben kann, „Alternativmedizin und Esoterik“ (kritisch betrachtet!!), Gesundheit (nicht: „warum wird jemand krank?“ sondern: „warum bleibt jemand gesund?!“) – und die unsäglichen Zustände in deutschen Krankenhäusern (oder überhaupt im Gesundheitswesen).
Ich freue mich auf weitere Bücher aus Ihrer Feder, Ursula Wolter, vielen Dank für das Interview!
Und ich danke Ihnen für Ihr Interesse! Für mich war es gut, Ihre Fragen zu beantworten. Sowas trägt ja auch zur Selbstklärung bei.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende wünscht euch
Andromache
Hier erfahrt ihr endlich mehr über ihren Roman "Wohin die Wolken ziehen" und natürlich auch über die Autorin, die unsere Rezensentin Lettery für euch interviewt hat.
„Wohin die Wolken ziehen“, Ursula Wolter, Droemer-Knaur
Rezension
In einer berührenden Geschichte erzählt die Autorin von der seelischen Annäherung zweier Menschen in völlig unterschiedlichen Lebenskontexten.
Als die junge Sprechstundengehilfin Anna während einer beruflich organisierten Feier mit dem siebzigjährigen krebskranken Konrad Bremer ins Gespräch kommt, scheint bereits eine geistige Verbindung hergestellt zu sein. Ohne groß zu fragen, handelt Konrad intuitiv richtig und hält seine Hand schützend über das Mädchen. Annas Umgang mit Konrad ist ebenfalls von emphatischer Anteilnahme gekennzeichnet. In einer stetig wachsenden Freundschaft begleiten die beiden einander durch fröhliche Stunden und Zeiten der Verzweiflung, wobei jeder im positiven Sinn vom anderen lernt und profitiert.
Ursula Wolter ist in diesem Buch etwas ganz Besonderes gelungen.
Die rein platonische Liebe zwischen jungem Ding und altem Mann erhält in diesem Roman eine neue Dimension. Ganz ohne Pathos und Klischee kommt die Schilderung aus, die den Leser einen sehr realistischen Lebensweg miterleben lässt, wobei es auf keiner Seite an Spannung fehlt. Diese Spannung wird ganz natürlich getragen durch die Wahl der Endlichkeitsthematik, die jedoch zur Sinnfindung gerät. Durch ihren angenehm schnörkellosen Erzählstil, der unaufdringliche Spuren weiser Werthaltung hinterlässt, wird es für den Leser immer vorstellbarer, welche Kräfte durch Krisen mobilisiert werden können und wo das eigentliche Glück des Lebens verborgen liegen kann.
Eine absolute Leseempfehlung mit 5 Sternen!
Lettery
Interview
Liebe Ursula Wolter,
mit großem Interesse habe ich Ihren Roman gelesen, der den sehr offen gehaltenen Titel „Wohin die Wolken ziehen“ trägt. Ich hatte keine Ahnung, welche Geschichte mich darin erwarten würde. Umso berührter war ich durch die Lektüre, umso stetiger wuchs meine Neugierde, etwas über die Autorin zu erfahren.
• Mit diesem Buch haben Sie bereits ihr drittes Belletristik-Werk veröffentlicht. Es handelt von der wachsenden Freundschaft zu einem unheilbar kranken Menschen. Gibt es diesbezüglich autobiografische Grundlagen in ihrem Leben?
Nein – jedenfalls nichts, was ich 1:1 aus meinem Leben in den Roman übertragen hätte. Meine beiden Hauptpersonen und ihre Geschichte sind ausgedacht. Allerdings spielt mein eigener Lebenshintergrund ganz bestimmt eine Rolle; anders geht es ja gar nicht. Ich glaube, man kann nicht authentisch über etwas schreiben, was man nicht zumindest ansatzweise selbst erlebt, erdacht oder erfühlt hat.
• Auf Ihrer Website kann man Eckdaten Ihrer Vita nachlesen. Hat ihre Ausbildung zur Sterbebegleiterin den Wunsch in ihnen geweckt, darüber Wissen, beziehungsweise Wünsche in die Welt zu tragen? Vielleicht in Form dieses Romans?
Es war genau umgekehrt: Ich habe erst den Roman geschrieben – und dann bin ich über eine Anzeige im Deutschen Ärzteblatt für die Weiterbildung zur Palliativmedizin gestolpert. Da dachte ich: Genau das will ich machen. Später war ich ganz stolz, dass ich das Manuskript nicht umschreiben musste …
• Vor ihrer Autorentätigkeit sind/waren Sie Ärztin, Stillberaterin und Sterbebegleiterin zugleich.
Nein, gleichzeitig war das alles nicht, und die Zusatzbezeichnung „Palliativmedizin“ habe ich ja sowieso erst später gemacht.
Bevor ich angefangen habe zu schreiben, war ich als Assistenzärztin in der Inneren Medizin und in der Chirurgie tätig. Dann kamen die Kinder – und meine Ausbildung und Tätigkeit als Stillberaterin. Später habe ich wieder angefangen, als Ärztin zu arbeiten – erst in einer allgemeinmedizinischen Praxis, dann in einem psychiatrischen Krankenhaus. Danach konnte ich die Facharztprüfung für Allgemeinmedizin machen. In der Zeit, in der ich dafür gelernt habe – im Frühjahr 2005 – habe ich angefangen, mein erstes Buch zu schreiben. Nach bestandener Prüfung habe ich vertretungsweise in einer allgemein¬medizinischen Praxis gearbeitet. In der Palliativmedizin war ich nach der Ausbildung gar nicht mehr tätig – da hatten sich die Weichen schon Richtung Schreiben gestellt. Ich hatte zunächst gedacht, dass vielleicht beides ginge – aber das ist unmöglich: Ich kann nicht in zwei Bereichen arbeiten, bei denen man mit ganzem Herzen und vollem Einsatz dabeisein muss. Und Familie habe ich ja auch noch. So habe ich mich fürs Schreiben entschieden und gegen eine ärztliche Tätigkeit.
Mit der Stillberatung betreuten sie kleine Menschen ins Leben hinein, als Ärztin sorgten Sie für die Gesunderhaltung und in der Sterbebegleitung sind Sie Partner auf dem Weg aus dem irdischen Leben. Was ist Ihre treibende Kraft, sich derart umfänglich für Menschen in Situationen mit Signalcharakter einzusetzen?
Mir ist bis jetzt gar nicht bewusst gewesen, dass ich das überhaupt getan habe … Ich bezweifele auch, dass es da für mich eine alles umfassende treibende Kraft gab. Vielleicht habe ich einfach immer das gemacht, was in einer bestimmten Lebensphase für mich selbst wichtig war.
Der Berufswunsch „Ärztin“ entsprang dem Ideal, nicht nur irgendeinen Job zu machen, sondern eine verantwortungsvolle Aufgabe zu finden und dabei „etwas mit Menschen“ oder besser gesagt für Menschen zu machen. Der Arztberuf war für mich der Inbegriff für diese Ziele. Leider habe ich das nicht genug hinterfragt. Heute finde ich, dass man in vielen Berufen und Bereichen seine ganz eigene Aufgabe finden kann.
Die Ausbildung zur Stillberaterin ergab sich wieder aus einer neuen Lebenssituation: Ich hatte zwei kleine Kinder und habe mein Leben „auf Familie eingestellt“. Die Ausbildung habe ich erstens deshalb gemacht, weil ich die Ziele der La Leche Liga gut fand und selbst sehr von der Stillberatung profitiert habe – und zweitens, weil mir zeitweilig schlicht die Decke auf den Kopf gefallen ist. Ich habe das Herauskommen aus meinen vier Wänden genossen und das Stillwissen geradezu aufgesogen.
Zur Palliativmedizin bin ich durch das Schreiben gekommen und natürlich auch dadurch, dass ich in der allgemeinmedizinischen Praxis oft schwer kranke Menschen betreut haben. Verantwortungsvolles Arztsein bedeutet doch immer, sich mit den Menschen auseinanderzusetzen, die man begleitet. Dazu gehört eben auch die Auseinandersetzung mit schwerer Krankheit, Sterben und Tod. Insofern ist Palliativmedizin eigentlich auch gar keine für sich stehende Fachdisziplin, sondern eine fächerübergreifende Tätigkeit.
Wenn ich nun doch eine „treibende Kraft“ benennen sollte, würde ich sagen: Es war die Suche nach Aufgaben, die zu mir passen und mich betreffen und bei denen ich auch etwas an andere weitergeben kann.
• Welchen Stellenwert hatten Bücher in Ihrem eigenen Leben, welches Genre bevorzugten Sie ganz persönlich?
Bücher hatten für mich immer einen wichtigen Stellenwert. Als Kind habe ich jede Woche Stapel aus der Bücherei abgeschleppt und kreuz und quer alles gelesen, was mir in die Hände kam.
Ich bin überzeugt, dass ich von Büchern beeinflusst worden bin – leider nicht nur positiv, wenn ich an die „Pucki“-Bände meiner Mutter denke. Da habe ich ein ganz altertümliches Rollenbild von Männern und Frauen mitgenommen. Immerhin hat es mich aber schon als Kind geärgert, dass in vielen Büchern nur Männer und Jungs spannende Abenteuer erleben durften, während die Mädchen und Frauen dazu da waren, von ihnen gerettet zu werden. Unter anderem deshalb hat mein erstes Buch eine weibliche Hauptperson, die ganz viele Abenteuer besteht.
Heute lese ich weniger als als Kind, aber dafür gezielter und kritischer. Ihre Frage nach meinem bevorzugten Genre finde ich am schwierigsten zu beantworten. Vielleicht kann ich es so sagen: Ich lese gern Entwicklungsromane oder ganz allgemein Bücher, in denen sich die Hauptpersonen mit Problemen ihrer Zeit und Gesellschaft bzw. eigenen Lebensproblemen auseinandersetzen. Abenteuergeschichten und Fantasy lese ich auch gern, aber nur, wenn es dabei um mehr geht als um Action.
Was ich nicht mag: Thriller, Mystery und Esoterik. Darum mache ich einen großen Bogen. Krimis lese ich auch kaum, weil ich hinterher oft das Gefühl habe, damit meine Zeit verschwendet zu haben. Mit historischen (Frauen-)Romanen geht es mir ähnlich. Aber vielleicht habe ich bisher auch nur die falschen Bücher dieses Genres erwischt.
• Gibt es weitere Buchprojekte und zu welchen Gelegenheiten entstehen diese Ideen in ihrem Kopf?
Ich wäre froh, wenn ich das wüsste. Augenblicklich habe ich mehrere grobe Ideen – aber keine davon fesselt mich so sehr, dass ich mich wirklich hinsetze und schreibe. Bisher gibt es dazu nur einige Überlegungen und Stichpunkte – aber leider fehlt mir die echte Begeisterung.
Meinen drei Büchern ist gemeinsam, dass mein Ausgangspunkt jeweils Personen waren, deren Charakter und (erdachtes) Leben mich gefesselt haben. Insbesondere hat mich dabei die Frage nach persönlicher Veränderung und Weiterentwicklung bewegt. Die Geschichte drumherum hat sich dann fast wie von selbst entwickelt. Wie das genau funktioniert, ist schwer zu sagen. Es ist so ein Gemisch aus Intuition und rationaler Überlegung. Wie gesagt wäre ich froh, wenn ich eine neue Idee aus dem Ärmel schütteln könnte …
• Sie sind eine vielseitig interessierte und beschäftigte Frau, wie man ihrer Homepage www.ursulawolter.de entnehmen kann. Halten Sie sich bestimmte Zeiten des Tages oder der Woche frei, um zu schreiben?
Meine schriftstellerische Arbeitszeit sind die Vormittage, wenn die Kinder in der Schule sind. In dieser Zeit mache ich alles, was im weitesten Sinn mit dem Schreiben zu tun hat, also auch z.B. das Organisieren von vorbereiten von Lesungen, Knüpfen von Kontakten, Beantworten von Interviewfragen … Ich habe aber keine festgesetzte Zeit, in der ich so und so lange an einem Buch oder einer Geschichte arbeite. Manche Autoren machen das so – und ich bewundere sie für ihren Einfallsreichtum und ihre Disziplin. Ich habe das auch versucht, aber bei mir kommt irgendwie nichts Gutes dabei heraus.
• Ihren Erzählstil kennzeichnet die authentische Vermittelung von Gefühlen. Fällt es Ihnen leicht, diese Empfindungen beim Schreiben zu unterbrechen, um sie dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzunehmen?
Wenn ich richtig am Schreiben bin, dann ärgere ich mich über jede Unterbrechung. Ich kann nur schwer vom Schreiben abschalten und mache in Gedanken ständig weiter – was mein Familienleben phasenweise ziemlich strapaziert hat. Ich bin auf diese Weise einmal von Salzgitter nach Goslar gefahren, obwohl ich eigentlich auf halber Strecke eine Freundin besuchen wollte, und habe ein andermal einen Apfelkuchen drei Stunden lang gebacken, bis mir plötzlich so ein verbrannter Geruch in die Nase stieg.
Das Wiederaufnehmen des Fadens war dementsprechend nie ein Problem. Vermutlich habe ich ihn während meiner intensiven Schreibphasen nie richtig abgelegt.
• Sie haben zwei Jugendromane geschrieben, die märchenhafte Geschichten aus der Drachenstadt erzählen. Wie kamen sie zu dieser Thematik?
Meine Kinder haben mich darauf gebracht. Sie hatten damals ein Lieblingsspiel: „Drache schlüpft aus dem Ei“. Ich sollte immer mitspielen und so tun, als ob ich ein Ei finde – und dann musste ich das Ei „ausbrüten“ und ganz erstaunt tun, wenn meine Tochter oder mein Sohn „ausschlüpften“: „Oh, wie niiiiiiiedlich! Wer bist du denn?! Ein kleiner Drache!“ Irgendwann hatte ich das so satt, dass ich gesagt habe: „Ich spiele jetzt nur noch mit, wenn ich auch mal was Besonderes sein darf. Ich bin jetzt ein Drachenmädchen, das aus einem Findelei geschlüpft ist.“ Damit hatte ich, ohne es zu ahnen, die Hauptperson meines ersten Buches erfunden, nämlich das Drachenmädchen Timona. Meine Kinder und ich haben höchstens eine Viertelstunde lang gespielt, dass ich das Drachenmädchen wäre – aber in meinem Kopf ging die Geschichte weiter: Timona ist auf der Suche nach ihren Eltern. Was erlebt sie auf ihrem weiten Weg vom Witterwald in die Drachenstadt? Was findet sie über ihre Herkunft und über sich selbst heraus? Wie verändert sie sich? Die Geschichte hat sich verselbständigt, und irgendwann habe ich begonnen, sie aufzuschreiben.
Ich glaube, Timona durfte damals, als ich für die Facharztprüfung gelernt habe und mich dabei einerseits in einer beruflichen Orientierungsphase und andererseits auch wie in einer Sackgasse fühlte, die Abenteuer erleben, die ich mir selbst gerade nicht leisten konnte. Es war daher vielleicht auch eine Flucht in eine literarische Welt, in der man sein Ziel und seine Aufgaben noch finden kann, indem man sich einfach auf den Weg macht und losgeht, unbefangen und frei. Das ist aber meine nachträgliche Deutung. Und nebenbei bemerkt ist Timonas Welt bei aller Fantasie eine sehr realistische und der unseren nicht unähnlich.
• Lesen Ihre beiden Kinder Ihre Bücher? Wie reagierten sie darauf?
Meine Tochter Christina hat die Entstehung von Timona kapitelweise mitverfolgt und war mir eine wichtige Kritikerin. Sie hat viele Bilder gemalt und einige Pflanzen und Tiere aus Timonas Welt erfunden, die ich zum Teil aufgenommen habe. Mein Sohn Matthias war damals noch zu jung für das Buch, aber er hat viel durch unsere Gespräche mitbekommen. Er hat den Dunkelwolf erfunden, dem Timona auf ihrem Weg begegnet. Als „Timona“ veröffentlicht war, hat Christina es gleich noch einmal gelesen. Mein Mann hat es Matthias vorgelesen.
Als ich intensiv am Schreiben war, hatte ich immer Angst, die Kinder zu vernachlässigen. Ich glaube aber, dass es ihnen nicht geschadet hat und dass sie jetzt auch stolz darauf sind, eine Mutter zu haben, die „echte Bücher“ schreibt.
• Ein Held der Drachenbücher ist weiblich, einer männlich, hat das zufällig etwas mit den Geschlechtern ihrer beiden Kinder zu tun, sozusagen im Sinne der Gleichberechtigung?
Mir ist das seltsamerweise erst im Nachhinein aufgefallen! Timona „musste“ weiblich sein, weil ich gern vermitteln wollte, dass auch Mädchen Abenteuer erleben und bestehen können. Der Drache Meris ist wiederum aus dem Timona-Buch „entsprungen“. Timona lernt ihn kennen, und zu diesem Zweck habe ich ihm – zunächst nur für mich selbst – eine Lebensgeschichte gegeben. Diese wiederum hat mich so gefesselt, dass er schließlich ein eigenes Buch brauchte. Es ist also eher Zufall, dass das zweite Buch eine männliche Hauptperson bekommen hat. Aber nun finde ich es auch deshalb gut, weil ich gern auch Jungs als Leser ansprechen möchte.
• Die Suche nach einem Verlag gestaltet sich ja oftmals wesentlich schwieriger, als das Verfassen eines Buches selbst. Wie lange dauerte Ihr Weg, einen Verleger zu finden für Ihr erstes Werk?
Ich habe sieben Monate lang einen Verlag gesucht. Mir erschien diese Zeitspanne irrsinnig lang – obwohl ich schon damals wusste, wie schwierig es ist und dass viele Manuskripte nach jahrelanger vergeblicher Verlagssuche in der Schublade landen.
An den Georg Olms Verlag bin ich gekommen, nachdem ich von einem Freund erfahren hatte, dass es dort eine neue Kinderbuchreihe geben sollte. Ich habe das Manuskript vorbeigebracht – und hatte das große Glück, dass die Lektorin, die es in die Hände bekam, von Timonas Geschichte begeistert war. Als „Timona“ gut lief, hat sich mein Verleger entschlossen, „Meris“ auch noch zu nehmen. An den Verlag für „Wohin die Wolken ziehen“ (Drömer-Knaur) bin ich über eine Literaturagentur gekommen.
• Sie haben belletristische Werke geschrieben sowohl für Jugendliche, als auch für Erwachsene. Zeichnet sich mittlerweile eine gewisse Vorliebe für eine Zielgruppe ab?
Ich mache beides gern. Innerhalb der Kinder- und Jugendliteratur wird meine bevorzugte Zielgruppe wahrscheinlich am ehesten wieder die Gruppe der etwa Zehn- bis Dreizehnjährigen sein. In diesem Alter können Kinder einerseits schon viel verstehen und sind offen und begeisterungsfähig für alle möglichen „Lebensthemen“, und andererseits sind sie aber noch nicht so von der Pubertät zerfetzt, dass sie überkritisch alles ablehnen, was von Erwachsenen kommt.
Die Lesungen und dabei insbesondere das Gespräch mit den Kindern empfinde ich als sehr bereichernd. Schon allein deshalb würde ich gern noch weitere Bücher für diese Altersgruppe schreiben. Außerdem kann man solche Bücher auch als Familienbücher gut gemeinsam lesen. Die Erwachsenen nehmen dabei ganz sicher andere Gedanken und Ideen mit als die Kinder – aber alles haben etwas davon. Lesungen, in denen Kinder und Erwachsene gemeinsam sitzen, mache ich besonders gern.
• Gibt es bestimmte Themen, die Ihnen am Herzen liegen, die Sie gerne noch in Worte und Geschichten einbetten möchten, jedoch noch ohne eine konkrete Vorstellung von einem Plot zu haben?
Ja. Da gibt es viel – und deshalb hoffe ich, dass ich eines Tages wieder richtig schreiben werde. Im Grunde sind es meine eigenen Lebensthemen, aus denen ich gern Geschichten und Bücher machen würde: Gedanken, Erfahrungen, die mir selbst wichtig geworden sind. Zum einen geht es da um „Selbstfindung“, Veränderung, Weiterentwicklung … aber nicht im stillen Kämmerlein, sondern durch Begegnungen mit anderen Menschen, Freundschaften, Aneinander-Reiben, Sich-Auseinandersetzen. Das ist natürlich als Thema ziemlich unkonkret – aber ich denke, dass es wiederum in viele Bereiche hineinspielt. Konkretere Themen sind Gott und Glaube, ökologische Themen, die Frage, wie man in unserer globalisierten und komplizierten Welt verantwortungsvoll leben kann, „Alternativmedizin und Esoterik“ (kritisch betrachtet!!), Gesundheit (nicht: „warum wird jemand krank?“ sondern: „warum bleibt jemand gesund?!“) – und die unsäglichen Zustände in deutschen Krankenhäusern (oder überhaupt im Gesundheitswesen).
Ich freue mich auf weitere Bücher aus Ihrer Feder, Ursula Wolter, vielen Dank für das Interview!
Und ich danke Ihnen für Ihr Interesse! Für mich war es gut, Ihre Fragen zu beantworten. Sowas trägt ja auch zur Selbstklärung bei.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende wünscht euch
Andromache
andromache - 17. Apr, 16:34
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